Die Guten sterben immer zu früh




Autor: Mark Gruenwald
Zeichner: John Buscema, Bob Hall, Paul Ryan, Paul Neary
Titel: Squadron Supreme
Verlag: Marvel Comics
Erscheinungsjahr: 1985/86 (Einzelausgaben), 2003 (diese dritte Auflage des Sammelbandes)
Umfang: 350 Seiten
Preis: ca. € 26




In letzter Zeit habe ich vermehrt das Gefühl, daß ich die richtig großen Künstler erst nach ihrem Tod wirklich zu würdigen weiß. Ging es mir vor kurzem schon bei Johnny Cash so, von dem ich posthum ein großer Fan geworden bin, so trifft es diesmal Mark Gruenwald. Vor ewigen Zeiten hatte ich mal seinen Captain America-Run in den "guten" alten Condor-Taschenbüchern gelesen. Der war zwar ziemlich gut - ein Geschenk Gottes gegenüber dem Müll, der momentan in der Cap-Serie läuft - aber damals habe ich leider kaum auf die Namen der Künstler geachtet, so daß es bis heute, bis zu der Neuauflage von Squadron Supreme gedauert hat, bis ich dieses Meisterwerk Gruenwalds endlich gelesen habe. Junge, was habe ich all die Zeit verpaßt.

Makabres Detail am Rande: Mark Gruenwald hat in seinem Testament verfügt, daß er eingeäschert und seine Asche mit der Tinte vermischt wird, mit der dieser Sammelband gedruckt wurde. Das führt zu dem abstrusen Hinweis in meiner Ausgabe "Third Printing. Contains no ashes." Schon recht bizarr.

Doch zurück zum Thema. Auf dem Backcover steht "Before Watchmen...Before Marvels... Before Kingdom Come... There was Squadron Supreme". Es ist interessant, daß die eine Serie, die einem sofort als Parallele ins Auge springt, gar nicht erwähnt wird: The Authority. Hier wie dort geht es um realistische Superhelden, die sich endlich der realen Probleme annehmen, Hunger, Verbrechen, Feuerwaffen und so weiter. Nur, daß die Squadron eben fünfzehn Jahre früher dran war als Millars Authority. Die beiden Serien sind sich dahingehend ähnlich, daß beides mal essentielle Menschenrechte in Frage gestellt werden. Das Recht auf Sicherheit (z.B. vor Verbrechen) muß gegen das Recht auf Freiheit aufgewogen werden. Eine Diskussion, die heute vielleicht aktueller denn je ist. Im Unterschied zu Authority, das in allen Belangen larger than life ist, kann man Squadron Supreme ansehen, daß es in unschuldigeren Zeiten entstand. Phasenweise liest es sich wie ein klassischer Superheldencomic. Am auffälligsten ist die Tatsache, daß immer wieder traditionelle Kampfszenen und Superschurken eingebaut wurden, die vermutlich als Zugeständnis an den Durchschnittsleser gedacht sind. Außerdem sind die meisten der 13 Kapitel mehr oder weniger in sich abgeschlossen, mit eigenem Thema und eigenem Spannungsbogen. Wehmütig denkt man hier an die Zeit zurück als noch nicht alle Welt für's Tradepaperback geschrieben hat und stattdessen auf die monatliche Erscheinungsweise Rücksicht genommen wurde. Alles in allem handelt es sich um eine wunderbar geschriebene Geschichte, die viele interessante und (besonders heutzutage) wichtige moralische Fragen beleuchtet. Und zwar meiner Meinung nach noch eine ganze Ecke anspruchsvoller und mitreißender als Millars Authority es tut.

Uneingeschränkt zu empfehlen. Schade, daß Gruenwald nicht mehr dazu kam, die im Vorwort erwähnte Fortsetzung zu schreiben.


[Kreetrapper - 04.10.2003]